Ober- und Untergeiersnest

Geiersnest

In den ersten Erwähnungen von Geiersnest, damals geschrieben "Geyersnechst" oder "Geyersnehest" wird noch nicht zwischen Ober- und Unter- (oder Nieder-) Geiersnest unterschieden. Erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts (1550/1560) geschieht diese Unterscheidung. Sie wird aber oft bis in die heutige Zeit weggelassen, wenn aus dem Zusammenhang klar ist, um welchen Ortsteil es sich handelt, wenn zum Beispiel in den Pfarrbüchern oder Gemeindeakten von Oberleichtersbach von Geiersnest die Rede ist, dann ist Untergeiersnest, wenn in diesen Büchern von Schondra davon gesprochen wird, ist Obergeiersnest gemeint.

Wo Große Schondra und Kleine Schondra (Mühlgrund), gebildet aus Leichtersbach und Einraffshofer Bach, sich vereinigen, erhebt sich im Zwickel der Steinknorz (446 m). Früher hieß er Geiersberg. Auf seiner südlichen Hochfläche entstand, vermutlich von Schönderling aus, der Weiler Geiersnest. Möglicherweise ist er aus einem Einzelhof hervorgewachsen. Nach der späteren Gründung von Untergeiersnest wurde das ursprüngliche Geiersnest dann Obergeiersnest genannt.

 

Obergeiersnest

In einem Zinsbuch des Klosters Thulba aus der Zeit um 1520 wird zum ersten Mal Geiersnest als "Geyersnechst" genannt. Es wird bezeugt, dass die Geiersnester (sicher ist gemeint die Obergeiersnester) Untertanen des Klosters Thulba waren und zum Ort Schönderling, zur Pfarrei Schondra und zur Zent (zur höheren Gerichtsbarkeit) Brückenau gehörten. Um 1525 soll Geiersnest wegen des Bauernkrieges vorübergehend verlassen gewesen sein. Nach Gartenhof wurde der Ort 1531 und 1532 wiedererwähnt; eine Auswertung der Quellen im Würzburger Archiv dürfte nicht mehr möglich sein. Auf jeden Fall war Geiersnest wieder voll bewohnt.

Um 1550 oder 1560 wurde Untergeiersnest gegründet.

Im Jahre 1858 errichtete Peter Wirth von Obergeiersnest einen Bildstock, den der Maurergeselle Bonifaz Spahn von Schönderling meißelte; Kooperator Andreas Müller von Schondra hat ihn am 30.Mai 1858 feierlich eingeweiht. Als im Jahre 1877 in Obergeiersnest ein Hof verkauft wurde, wurde ein Haus mit Backofen hinzugezählt. Erstmals wurde hier ein Haus-Backofen genannt. In der Nacht zum 12. September 1929 brach in Obergeiersnest, das damals aus 7 Wohnhäusern mit Nebengebäuden bestand, ein verheerender Brand aus. Ihm fielen 5 Wohnhäuser, drei Scheunen und einige kleinere Nebengebäude zum Opfer. Der Schaden wurde auf 80.000,-- RM beziffert.

 

Untergeiersnest

Wer auf der Hauptstraße, der B 27, von Bad Brückenau nach Hammelburg fährt, der durchquert erst Oberleichtersbach und dann Unterleichtersbach. In der südlich davon liegenden Senke (357 m über NN) vereinigen sich Leichtersbach und Einraffshofer Bach zur kleinen Schondra (Mühlgrund). Die Straße steigt dann wieder an zum Westhang des Steinknorz. Bevor sie sich zur Großen Schondra in der Krummen Kar hinabsenkt, durchläuft sie den Weiler Untergeiersnest, früher auch Niedergeiersnest genannt. Weil die Straße im Süden dann in einen großen Waldgürtel eintaucht, wurde diese Ortschaft sicher von Anfang an, ebenso wie das südlich des Waldes gelegene Neuwirtshaus, als Raststation an der Straße gegründet. Untergeiersnest liegt 400 m über Normal-Null.

Ulbrich erzählt, dass um 1550 Schwärzelbacher Bauern am Westhang des Geiersberges Gelände rodeten und sich neue Heimstätten schufen. So soll ein alter Schönderlinger um 1602 erzählt haben. Wabra verlegt die Gründung des Ortes auf das Jahr 1560.

Im Jahre 1630 gab es in Untergeiersnest schon eine Gastwirtschaft. Im 30jährigen Krieg verwüsteten Kroaten im Oktober 1634 die Gegend. Die Bewohner von Untergeiersnest flüchteten. Erst 20 Jahre später wurde es offenbar von den Bewohnern wieder besiedelt.
Im Jahre 1654 hat der Gastwirt Kilian Wehner in Untergeyersnest, "welcher Ort vorher lange und viele Jahre ganz öd, wüst und unbebaut gelegen", als erster wieder "etzliche Bäu mit Gott und Ehren aufgeführt". Im Jahre 1658 siedelten sich weitere Bewohner wieder an. Um 1700 waren in Untergeiersnest wieder 6 Anwesen. Dazu kam ein Försterhaus. Ein erster namentlicher Förster wird 1720 genannt.

Im Jahre 1741 wurde am Nordeingang des Dorfes ein Heiligenhäuschen errichtet. Das Heiligenhäuschen wurde vor einiger Zeit von Frau Maria Morshäuser, der Tochter des früheren Besitzers Joseph Rüttger instandgesetzt.

1808 wurden bei der Neubildung der Gemeinden Untergeiersnest mit Schönderling zusammengelegt; kirchlich blieb es bei Oberleichtersbach.
Im Jahre 1874 hat Untergeiersnest eine eigene Schule erhalten.

Im Jahre 1984 wurde im Ort das Dorfkreuz durch den Steinmetz Siegfried Herterich aus Hammelburg restauriert und von Pfarrer Winfried Kaiser neu geweiht. Es war 1873 errichtet worden.

Dass Untergeiersnest jahrhundertelang eine selbstständige politische Gemeinde war, ist daran abzulesen, dass es immer wieder Bürgermeister gab, Schultheißen oder dann (Orts-) Vorsteher genannt.

 

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